Brückennachrechnung
Bei der statischen Brückennachrechnung wird die Restnutzungsdauer einer Brücke ermittelt, also der Zeitraum, in dem die Brücke noch sicher betrieben werden kann. Abhängig vom Einzelfall mündet die Nachrechnung in Maßnahmen zur verkehrlichen Kompensation (z. B. Lkw-Überholverbot, Lastbeschränkung), der baulichen Verstärkung (z. B. externe Vorspannung) und/ oder in die Notwendigkeit eines Ersatzneubaus.
Verkehrslastmodelle
Mehr als die Hälfte der Brücken im Bundesfernstraßennetz sind mit einem Verkehrslastmodell aus dem Jahr 1952 bemessen (sogenannte Brückenklasse 60). Hier steht ein Lkw auf der Brücke und der Rest der Brücke wird zur Berücksichtigung der leichten und mittelschweren Fahrzeuge mit einer gleichmäßigen Flächenlast beaufschlagt.
Seitdem hat sich der Güterverkehr nahezu verzehnfacht und die zulässigen Achslasten und Gesamtgewichte haben ständig zugenommen. Beginnend 1983 wurden die Brücken daher mit dem Verkehrslastmodell „Brückenklasse 60/30" bemessen. Hier werden nun ergänzend zum Modell „Brückenklasse 60" zwei Lkw nebeneinander auf die Brücke gestellt.
Die gewaltigen Zuwächse im Straßenverkehr werden jedoch damit heute nicht ausreichend erfasst. Daher werden heute mit Einführung des europaweit gültigen Eurocodes 2012 für die Bemessung nun drei Lkw nebeneinander auf die Brücke gestellt (Lastmodell 1). Die umgebenden gleichmäßigen Flächenlasten zur Berücksichtigung der leichten und mittelschweren Fahrzeuge wurden erhöht.
Aus diesem Grund werden die Brücken mit der sogenannten Nachrechenrichtlinie nachgerechnet. Die Nachrechenrichtlinie ist ein vom Bund, den Ländern und der Wissenschaft erarbeitetes Werk mit dem Ziel einer realistischen Beurteilung der Tragfähigkeit bestehender Straßenbrücken unter Berücksichtigung des stark gestiegenen Verkehrs und der Fortentwicklung der Bautechnik.
Nachrechnung
In Abhängigkeit der tatsächlichen Verkehrsbelastung wird ein sogenanntes Ziellastniveau ermittelt, für das die Brücke statisch nachzuweisen ist. Kann die Brücke für das Ziellastniveau, das durchaus unter dem heutigen Bemessungslastniveau des Eurocodes liegen kann, nachgewiesen werden, kann die Brücke zunächst uneingeschränkt weiter genutzt werden.
Ist die Brücke für das Ziellastniveau nicht nachweisbar, muss die Brücke verstärkt oder durch einen Ersatzneubau ersetzt werden.
Das mehrstufige Verfahren der Nachrechnung beginnt mit für Neubauten üblichen Rechenmodellen und Nachweisführungen (erste Stufe). Sollten die statischen Nachweise in der ersten Stufe nicht gelingen, ermöglicht die Richtlinie jedoch durch Schärfung der Rechenmodelle bis hin zum Einsatz wissenschaftlicher Erkenntnisse (4. und letzte Stufe) Tragfähigkeitsnachweise für eine vorübergehende Nutzung bis zum Ersatzneubau. Die Schärfung der Rechenmodelle geschieht durch die Beschaffung von vertieften Erkenntnissen - dazu gehören zum Beispiel auch die Ermittlung der tatsächlichen Betonfestigkeit am Bauwerk oder auch die exakte Bestimmung des Eigengewichtes der Brücke.
Nachrechnung und Bauwerksprüfung
Mit der Bauwerksprüfung wird im Wesentlichen der äußere Erhaltungszustand der Brücke erfasst (Risse, Abrostungen, Setzungen usw.). Die Bauwerksprüfung lässt auch Rückschlüsse auf die Tragfähigkeit der Brücke zu. Die tatsächliche Tragfähigkeit kann jedoch nur durch eine Nachrechnung ermittelt werden, sodass sich Nachrechnung und Bauwerksprüfung bei der Beurteilung von Brücken mit der Bestimmung der äußeren und inneren Werte ergänzen.
Bauwerk 3813 im Zuge der A 38 (Symbolfoto).
Artikel-Informationen
erstellt am:
21.02.2017
zuletzt aktualisiert am:
14.03.2023
Ansprechpartner/in:
Timo Stein
Nds. Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr
Dezernatsleiter 32 (Brücken und Tunnel)
Göttinger Chaussee 76 A
30453 Hannover
Tel: (0511) 3034-2542
Fax: (0511) 3034-2099